Autorin: Stefanie Mehlig
…vor der Körung - - -Teil II
Zur Erinnerung hier noch einmal zum Nachlesen Teil I Die Nacht vor der Körung 2009
Obwohl draußen eisige Temperaturen herrschen, ist mir warm. Sehr warm. Um nicht zu sagen, ich glühe. Mit roten, aufgeweichten Fingern versuche ich das Hinterteil meines Fjordhengstes Haudar van den Bosdries wieder in den falbfarbenen Ursprungsfarbton zu verwandeln. Mein Großeinkauf im Pferdesport-Einzelhandel meines Vertrauens war wild auf dem Boden der Waschbox in Neumünster verteilt. Ein sogenannter "Wunderstein", Shampoo mit dem Hinweis "extra strahlend weiß" und unterschiedliche Schwämme und Bürsten sollten retten, was eine Nacht in fremder Umgebung angerichtet hatte. Puh, war ich gestresst. Liebe Menschen um mich herum gaben wertvolle Hinweise. "Was hat er denn da für einen Schatten hinten?" Willst Du ihn nicht mal waschen? Ich lächelte gequält und dachte, ich habe die letzte Stunde nichts anderes getan. Und die Zeit verging so schnell. Ich wollte eigentlich auch viele der anderen Hengste in der Halle sehen. Mit anderen Pferdefreunden schnacken. Meine eigene Runde mit Haudar immer wieder im Kopf durchspielen… Heute war der Freispringtag und das Freilaufen. Irgendwie war ich immer unterwegs zwischen Halle und Stall.
Im Verlauf des Tages stellte sich ein Magenknurren ein und ich dachte, so gegen Mittag sollte ich vielleicht mal etwas für den eigenen Kreislauf tun. Also kamen Pommes Frites mit Mayo und Ketchup als Energiespender gerade recht. Aufgeregt wackelte ich mit den Knien, während ich die Hengste in der Halle beobachte. Von Klein nach Groß liefen erst 80cm Hengste bis hin zu den Kalten laut Katalog.
Man sagt Frauen ja Multitasking als Fähigkeit nach. Ich kann nur sagen: Pferde gucken und dabei Pommes naschen, kann ich nicht gleichzeitig. Und so kam, was kommen musste. Eine Pommes inkl. fettiger Toppings verabschiedete sich auf dem Weg nach oben zum Mund lieber nach unten Richtung weiße Jeans… Nein! Nein! Nein!
Das darf doch nicht wahr sein.
Hektisches Wischen und Serviettenechnik brachte nur ein hübsches Batikmuster, das wohl schon in den 80ern out war.
Natürlich hatte ich eine Wechselhose mit. Aber nach der Fjordpo-Waschaktion war die eigentliche Hose schon längst getauscht. Und nun? Tja, ich dachte, die Jury vom PSB wird ja eher auf Haudar gucken als auf meine Hose. Aber ich fühlte mich unwohl und es war mir peinlich. Schon etwas beruhigend sah ich, dass ich nicht die einzige Hose mit Muster hatte…
Ob es am grün schimmernden Fjordpferde-Hinterteil lag oder an der Mayo… an diesem Tag wurden die beiden anderen Fjordhengste gekört.
Ich war so unglaublich traurig und fragte mich immer wieder, woran lag es. Was habe ich falsch gemacht? Was hätte anders laufen können? Er war doch so brav! Und mit damals 1.45m (heute 1,53m) doch eine tolle Größe, um auch als Reitpferd gut zu werden.
Diese Gedanken und Erinnerungen sind über 11 Jahre her.
Inzwischen ist Haudar glücklicher Wallach und hat nie gedeckt. Er lief als braver Hengst bis er 5 Jahre alt war in einer Wallachherde und ist bis heute der beste, soziale Herdenchef, den ich mir vorstellen kann.
Er ist der Kopf meiner nach ihm benannten "Fjordhestskole". Meine kleine Reitschule in Eisendorf, in der kleine und große Pferdefreunde Horsemanship und klassisch-barocke Dressur erleben können.
Viele viele Auftritte für die IG Fjordpferd auf allen großen Pferdemessen, NORLA und dem tollen Shownachmittag des PSB jedes Jahr… Umzüge, St. Martinsritt, Stafettenpferd, Quadrillenteilnehmer, Turniere, Ausflüge und einfach eine tolle Zeit, haben wir gemeinsam erlebt. Haudar hat mich nie im Stich gelassen!
Wenn heute Reitschüler auf ihm Traversalen erlernen und halbe Tritte am Langzügel üben, lächle ich oft mit etwas Wehmut und denke, was wäre als Hengst aus ihm geworden?
Ob ich die Aufregung und spannenden Tage und Nächte der Körung mit eigenem Hengst beim nächsten Mal anders erlebe, werde ich im Februar 2022 wissen. In der Fjordhestskole wächst gerade ein langbeiniger, elastischer Weißfalbe heran. Und wer weiß, wie seine Geschichte weitergeht…
Stefanie Mehlig
Besucht Haudar und seine Pferdefreunde unter Fordhestskole