Autorin: Yvonne Redmann
Was kein Züchter jemals erleben möchte, mussten wir leider im letzten Jahr erleben.
Jedes Jahr wieder ist die Zeit direkt vor der Geburt für mich persönlich die aufregendste Zeit, die Spannung steigt, man beobachtet die Stute, ob sie Geburtsanzeichen hat, installiert Kameras in der Box, etc etc. Alles damit man dabei ist und ggf helfen kann, falls etwas schief geht, die Stute Hilfe benötigt o.ä. Denn der Alptraum jedes Züchter sind doch Komplikationen bei der Geburt und gar im schlimmsten Fall der Verlust der Stute, des Fohlens oder gar beider.
Im letzten Jahr verlief die Geburt unseres ersten Fohlens des Jahres wie im Bilderbuch. Unsere erfahrenste Stute, die 18 jährige StPrSt Amber Queeny brachte zur züchterfreundlichen Mittagszeit Ende Februar problemlos ein gesundes Hengstfohlen zur Welt.
Mutter und Sohn waren topfit, Nachgeburt ging ab, Fohlen stand und trank, Darmpech ging ab, Tierarzt kam zum ersten Check, alles super.
Nur ca. 4 Stunden später war alles anders. Queeny bekam leichte Krämpfe, welche ich erst als Nachwehen deutete, da sie das meistens nach der Geburt zeigte, aber diesmal war es anders, nur wenige Minuten später brach sie neben mir leblos zusammen.
Spätere Diagnose: Aortenabriss , es bestand nie eine Chance unsere Stute zu retten.
Eine absolute Albtraumsituation in der wir schnell handeln mussten, denn wir hatten schließlich ein 4 Stunden altes Fohlen welches wir nun versorgen und aufziehen mussten und die gesamte Situation absolut unreal erschien.
Gemeinsam mit der sofort heraneilenden Tierärztin wurde von der toten Stute die noch vorhandene Milch abgepumpt, da nicht klar war, ob es bereits genug Kolostrum zu sich genommen hatte.
Es wurde Milch und Flaschen besorgt, wo wir sehr für die absolut unkomplizierte Hilfe des Haflingerhofes Seraphin dankbar sind.
Der Snap-Test am nächsten Tag war zum Glück gut, so dass der kleine Mann genug Kolostrum zu sich genommen hatte und keine Plasma-Infusion brauchte. Auch war er auch so mega fit.
Auch mussten wir nun schleunigst überlegen, wie wir nun weitermachen, denn eine Aufzucht von Waisenfohlen hatten wir noch nie gemacht und entsprechend keine Ahnung. Woher bekommt man eine Amme, wie läuft es dann ab usw.
Unsere Tierärztinnen machen uns einen Vorschlag, was sie selbst zwar noch nie gemacht hätten, aber in einer Fortbildung Thema gewesen sei:
Die „Vergesellschaftung“ einer Ammenstute und eines Waisenfohlens. Prinzipell nichts ungewöhnliches, aber das außergewöhnliche war, dass die Stute keine Stute sein musste, welche zb eine Fehlgeburt hatte oder deren Fohlen verstorben ist, sondern sie musste lediglich einmal ein Fohlen gehabt haben, egal wann, ob vor 1 Jahr oder vor 5.
Sofort riefen wir die passionierten Züchter und Freunde Familie Vosgerau aus Bargstedt an und diese brachten uns sofort ihre „alte“ Haflingerstute Hera vorbei.
Die Stute wurde von der Tierärztin untersucht (Ultraschall, ob sie zufällig grad rossig ist, was sie auch war), dann wurde per Medikament der Eisprung ausgelöst und wir mussten in der Apotheke Tabletten besorgen, welche die Milchproduktion anregen sollten. Diese mussten wir der Stute 2 x täglich ca 5 Tage geben. Und tatsächlich bildete sich in dieser Zeit ein Euter.
Während dieser Tage standen Stute und Fohlen in zwei Boxen nebeneinander und wurden vorsichtig aneinander gewöhnt.
Auch lebten wir in Schichten abwechselnd im Stall, um die Versorgung des Fohlens rund um die Uhr zu gewährleisten. Eine unglaublich anstrengende Zeit, zumal Ende Februar auch Nachtfröste herrschten, aber der kleine Mann, der inzwischen den Rufnamen Poldy trug, war topfit.
Nach 5 Tagen war der große Augenblick gekommen. (Folgendes gebe ich so wieder, wie ich es als Laie erklären kann, und verstanden habe) Der Stute wurde ein Medikament gespritzt, welches leichte Krämpfe auslöst (diese sollen die Geburtswehen simulieren). Etwas 15 min später soll man das Fohlen zu der Stute in die Box bringen. Diese glaubt dann, dass sie das Fohlen gerade selbst zur Welt gebracht habe und nimmt es dadurch an.
Trennt man die beiden dann nochmal kurz, soll sich diese Bindung nochmal vertiefen bei der Stute vorallem.
Dann führt man das Fohlen wie auch nach einer normalen Geburt, wo man die „Eutersuche“ ja ab und an mal unterstützt zum Euter und im Idealfall trinkt es dann. Dadurch wird der Milchfluss der Stute weiter angeregt und nach und nach ist ein Zufüttern mit Pulvermilch nicht mehr nötig, da die Milch genauso nahrhaft ist wie normal.
Und wir wollten es nicht glauben, aber er funktionierte genau wie vorhergesagt, die Stute adoptierte das Fohlen sofort und lies es sogar trinken. Von der ersten Minute an. Es war wie ein schöner Traum von uns. Denn gerade die Sozialisierung der Fohlen ist das A und O.
Nach und nach wurde die Flaschenmilch reduziert und die beiden waren von einem echten Mutter-Fohlen-Gespann nicht zu unterscheiden und unser Poldy entwickelte sich ganz normal und problemlos.
Auch die Integration der neuen Stute in unsere Herde war ohne jegliche Probleme.
Heute, ein Jahr später lebt unser Poldy, der den offiziellen Namen „Staying Alive Q“ trägt, in unserer Hengstherde und entwickelt sich prächtig und auch Hera ist bei uns geblieben, denn diese Stute ist einfach Gold wert.
Übrigens wurde im letzten Jahr noch ein weiteres Amme-Fohlen-Gespann so zusammengebracht und es verlief dort genau so erfolgreich.
Bei Fragen stehe ich gerne zur Verfügung und helfe soweit ich kann gerne mit weiteren Infos. Handy: 0170-8939006 E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
09.04.2020 Yvonne Redmann und Jan Böse
Haflingerzucht Canned Moor Ranch, Bordesholm