...der Neue ist angekommen
Der Schmied kommt schon seit vielen Jahren regelmäßig auf den Hof. Shetlandponys stehen schon angebunden in der Reihe. Alles ein ganz normaler Ablauf. Das ist aber nun vorbei. Der Schmied stellt nicht nur sein Schneidegeschirr bereit, sondern feuert seinen Ofen an, schleppt einen Amboss aus seinem Transporter und fordert Wasser und Strom für seine Dienste. Hier werden Hufe nicht wie sonst nur ausgeschnitten, sondern auch mit Eisen beschlagen. Von unseren Shettys haben nur die aktiven Fahrponys zeitweise Eisen aufgelegt bekommen. Der Neue trägt die Eisen ständig. Klar, er ist ja nicht wie die meisten seiner kleineren Artgenossen nur zur Freude da, sondern auch zum Arbeiten.
Wer ist der Neue?
“Erpur” , ein Islandpferd. Vor fünfzehn Jahren von der Insel Island bei uns eingewandert und eingebürgert. Ein stattlicher Brauner, markant im Ausdruck, gut und stark gebaut, starke und kräftige Gelenke, sowie sehr ansprechende Fähigkeiten in den Gangarten. Erpur ist sehr ausgeglichen, entspannt, neugierig und immer hungrig.
Nach längerer Suche nach einem Islandpferd kam Erpur in die engere Auswahl. Dann die Entscheidung: Wenn jetzt ein Pferd, dann müssen wir uns den ansehen und testen. Corona kam schon auf, 350 KM Entfernung, schlechte Wettervorhersage für den Termin. Aber wir wollten: “Wenn der gut ist, fahre ich die Strecke nicht zweimal”. Also Hänger angekuppelt, Proviant gepackt und mit Tochter und Enkelin auf große Tour. Früh am Morgen ging es los. Starke Regenschauer, Windstärke 7, Sichtverhältnisse auf der Autobahn miserabel. Aber wir hatten ja ein Ziel und einen Plan. Was wollen wir sehen? Was soll er können? Diskussionsstoff für viele Stunden und Kilometer.
Angekommen nach fast 5 Stunden Fahrt. Aufgeregt was jetzt kommt. Beine kurz ausgeschüttelt und ab in den Stall. Es regnete in Schüben. Falsch gedacht, der Karl war nicht im Stall. Er stand draußen an einer Futterraufe und interessierte sich in keiner Weise für unseren Besuch. Somit genossen wir den Regen mit ihm gemeinsam. Matschig tiefer Boden im Auslauf. Das Fell nass, glatt und sandig vom letzten Wälzen. Die Anbieter halfterten das Pferd auf und führten es in eine trockene Stallgasse. Ich bat darum, das Pferd einmal frei führen zu dürfen und machte an der Hand eine kleine Runde. Es regnete weiter in Strömen. Die ruhige und aufmerksame Art an meiner Hand zu gehen stimmte mich positiv. Das Pferd ist klar im Kopf. Meine Gedanken und Fragen waren: Wofür brauchst du das Pferd? Was soll es leisten? Kommt deine Enkelin mit diesem Pferd klar? Passt es zu ihr?
Als ich den korrekten Takt im Schritt auf festem Boden hörte, war meine Entscheidung klar. Aber die war eigentlich unwichtig.
“Setz Dich drauf und spüre ihn einmal, wenn das gut ist, sollten wir ihn mitnehmen”. Ich ging pudelnass ins Auto und beobachtete den weiteren Verlauf. Ich wollte, dass die Mädels sich jetzt selbst entscheiden.
Scheibenwischer und Heizung an; aber mit Blick aus dem Fenster. Die Mädels führten das Pferd auf einen Sandplatz der unter Wasser stand. Nach einem kurzen Vorritt der Besitzerin nahm meine Enkelin die Zügel in die Hand. Als Opa sah ich voller Stolz durch den laufenden Wischer wie ein junges Mädchen ein fremdes Pferd in einem Wasserteich bei Wind und starkem Regen sicher durch die Bahn ritt.
Als sie an mir vorbei in den Stall ritt war klar, die Entscheidung ist gefallen. Der ISI wurde aufgeladen.
Bei Sturm und Wind ging es in Richtung Heimat. Die Mädels hatten noch leichte Unsicherheiten in ihren Gedanken. Ich nicht. Der passt zu uns. Der wird in Kankelau eingebürgert.
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Und genau das ist sehr erfolgreich geschehen. Heute tollt sich der ISI mit unseren Shetlandponys auf der Wiese in voller Lebensfreude.
Als Neuling in der Haltung der Islandpferde bin ich sehr beeindruckt von der Ausgeglichenheit und inneren Ruhe dieser Rasse. Unser ISI zeigt diese Eigenschaften in besonderer Weise. Aber auch beim Reitunterricht unserer Enkelin und anderer Kinder hatte ich manchmal den Eindruck, dass sie jeden runterschmeißen könnten, dass aber bei Kindern einfach nicht tun. Für einen Opa, der manchmal etwas besorgter ist, eine sehr positive Erkenntnis.
Wenn wir morgens unsere Ponyherde auf die Koppel lassen, geht fast täglich ein Bewegungskonzert ab. Der ISI animiert die kleinen Shettys zum Frühsport. Runde um Runde wird in allen Gangarten auf der Koppel gedreht. Das Gatter auf, die Ponys durch und schon geht das Konzert ab. Nach einigen Minuten stehen dann alle rund um die Heuraufe und frühstücken. Wunderschöne friedliche und lebensfrohe Bilder sind das für uns Ponyhalter.
01.04.2021 Wolfgang Rogge - Shetlandponyhof in Kankelau
Am 05.12.2020 präsentierte uns Familie Rogge schöne Köpfe aus Kankelau, obendrein mit einem Klick weitere Geschichten und am 18.12.2020 konnten wir hier etwas lesen über das Fohlenbrennen