Die Geschichte von Gut Kamp - hier Teil I , Teil II , Teil III und Teil IV ist untrennbar mit dem Schleswiger Kaltblut verbunden! Weiter geht es nun mit Teil V.
Der absolute Tiefpunkt der Schleswiger Zucht
Damals ist mein Schwiegervater oft belächelt worden, dass er an seinen so geliebten Schleswigern festgehalten hat und sie sogar noch in der Landwirtschaft eingesetzt hat, wo die anderen Landwirte schon ihre Äcker ausschließlich mit dem Trecker bewirtschafteten.
Dank der bodenständigen Landarbeiter und später auch deren Söhne, die auch auf Kamp Arbeit gefunden haben, hatten wir immer „fachkundiges“ Personal in Bezug auf die Pferdehaltung und Pferdearbeit.
An dieser Stelle möchte ich in Dankbarkeit an die Familie Helmut Hutzfeld erinnern.
Vater Hutzfeld war ca. 25 Jahre lang Gespannführer auf unserem Hof, bis er von einem Pferd am Knie geschlagen und seine Tätigkeit nicht mehr ausüben konnte.
Seine Söhne Gerd, Andreas, Jens und Volker fanden allesamt Arbeit auf Gut Kamp, alle hatten schon früh den Umgang mit den Arbeitspferden gelernt.
Gerd war am längsten auf Gut Kamp. Im nächsten Jahr werden es 50 Jahre. Allerdings ist er schon 3 Jahre im Ruhestand, hilft aber immer noch gerne hier und da mit aus.
„Gerd gehört zu Kamp, wie der Hafen zu Hamburg“
Auch Hans Meyer, Jahrgang 1943, war schon ab 1961 auf Gut Kamp tätig. Er kümmerte sich um die Hengste und jegliche Pferdearbeit war ihm nicht fremd.
Zwischen 1960 und 1970 hatte mein Schwiegervater mehrere Hengste auf der Insel Föhr stationiert. Dafür erhielt er später eine Ehrung und man nannte ihn in schmeichelhafter Übertreibung den „Meister der Kaltblutzucht!“
Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre erlebte die Schleswiger Zucht ihren absoluten Tiefstand.
Zur Körung der 3jährigen Stuten und zum „Fohlenbrennen“ ( heute heißt es Fohlenbeurteilung oder Fohleneintragung) kamen nur wenige Stuten mit ihren Fohlen und auch nur ein paar 3 jährige wurden der Körkommission vorgestellt.
Als mein Schwiegervater in dieser für ihn schweren Zeit einmal mit 4 Stuten und einem Hengst als einziger Aussteller von Kaltblutpferden auf der NORLA in Rendsburg stand, ging ein Ehepaar vorbei, die Frau zog ihren Mann weiter und sagte: „Hier brauchst du nicht verweilen, das sind doch nur Ackergäule“.
Solche und ähnliche Kommentare mußte sich Jürgen in dieser Zeit anhören.
Es machte ihn traurig, aber er gab nicht auf und züchtete weiter und präsentierte seine Schleswiger auf verschiedenen Turnieren und Veranstaltungen.
1975 gab es insgesamt nur noch 40 Stuten und nicht mal eine Handvoll Hengste.
Der Verband der Schleswiger Pferde (VSP) in Husum wurde aufgelöst. Diese traurige Veranstaltung glich einer Beerdigung!
Der Restbestand der Schleswiger Pferde fand 1976 eine neue Heimat im Pferdestammbuch Schleswig-Holstein. Dieses ermöglichte auch an DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) Ausstellungen teilzunehmen. Denn einem Verband, der unter 500 eingetragenen Tieren lag, wurde die Teilnahme verwehrt.
Durch die Mitgliedschaft im Pferdestammbuch konnte mein Schwiegervater 1980 in Hannover, 1982 in München, 1984 in Frankfurt und 1986 wieder in Hannover an den DLG Schauen und auch auf der „Grünen Woche“ seine Schleswiger in verschiedenen Anspannungen präsentieren.
Bei der Aufnahme-Versammlung in das Pferdestammbuch, in der Ponys und Kleinpferde vertreten sind, sagte mein Schwiegervater:
„Wir kommen als kleine Minderheit, aber wir bringen ein wesentliches Gewicht mit!“
Diese Bemerkung fand viel Beifall und Jürgen Isenberg wurde auch gleich in den Vorstand gewählt.
Fortsetzung folgt
03.11.2020 Bente Isenberg